Interview mit Michael Schade
Vor einigen Tagen durften wir hohen Besuch im Stadioneck12 begrüßen. So freuen wir uns, dass sich Geschäftsführer Michael Schade die Zeit genommen hat, um das Wohnzimmer der aktiven Fanszene live vor Ort kennenzulernen. Doch seine Anwesenheit galt nicht nur als eine Art “Antrittsbesuch”, vielmehr stellte er sich in einem flotten Interview den Fragen unserer “Nordkurve12 AktUL”-Redaktion. Das komplette Interview gibt es nun hier nachzulesen.
Herr Schade, sieben Niederlagen aus neun Spielen. Was ist los zur Zeit?
Die Fans sind zu Recht enttäuscht über das Abschneiden in den vergangenen Wochen. Das ist eine Negativ-Serie, mit der keiner gerechnet hat. Aber wir müssen bei allem Frust auch realistisch analysieren, was sich dahinter verbirgt. Die beiden Pokalspiele gegen Kaiserlautern und Paris waren schlecht und unentschuldbar. Kein Kampf, keine Strategie, kein Aufbäumen – einfach blamabel. Das habe ich der Mannschaft auch gesagt. In der Bundesliga hingegen haben wir derzeit zwar eine Ergebnis-Krise, aber keine wirkliche Leistungskrise. Nehmen wir die Rückrunde: Nach ausgeglichenem Spiel in Freiburg durch ein Last-Minute-Tor unglücklich verloren, dann zwei überzeugende Siege gegen Stuttgart und in Mönchengladbach, ein gutes Spiel gegen Schalke mit unglücklichem Ausgang und ein Spiel auf Augenhöhe in Wolfsburg, allerdings vermasselt durch drei individuelle Fehler. Ich will beileibe nichts schönreden: Wir haben ein Problem – und das müssen wir schnellstens lösen. Aber wir hatten jüngst auch viel Pech. So wie wir in der Hinrunde oft auch Glück hatten.
Noch eine Bemerkung zur Champions League: Wir müssen seit dem Spiel gegen Paris einfach endgültig erkennen, dass wir natürliche Grenzen in unserem Leistungsniveau haben – und die liegen bei den Top 10 der Königsklasse. Bayer 04 ist sicher in der Lage, in der Bundesliga oben mitzuspielen. Bayer 04 kann sich auch für die Champions League qualifizieren und bei einer einigermaßen vernünftigen Auslosung auch die Gruppenphase überstehen. Aber mehr – das müssen wir uns einfach eingestehen – können wir aktuell nicht erreichen.
Nun gehören Vereine wie Braunschweig, Bremen, Frankfurt oder Kaiserslautern aber sicherlich nicht zu den Top 10 Europas.
Das stimmt – und deshalb waren die Niederlagen so schmerzlich. Insgesamt muss man zugeben, dass wir derzeit eine Berg- und Talfahrt mitmachen und mitunter den Kampfeswillen haben vermissen lassen. Man kann verlieren, theoretisch auch gegen einen Zweitligisten. Die Frage ist nur: Wie? Und das Wie war oft nicht in Ordnung. Das weiß die Mannschaft und das haben wir auch deutlich angesprochen.
Wie begründen Sie sich die auffallende Schwäche von Bayer 04 gegen formell schwächere Teams?
Wenn ich dafür eine Lösung hätte, wäre ich Trainer geworden. Aber ich habe keine. Alle wissen, was die Mannschaft eigentlich kann. Das hat sie gegen Dortmund und auch in Gladbach gezeigt – und dann kommen immer wieder diese Aussetzer. Was uns derzeit fehlt, ist der Glaube an uns selbst, das Vertrauen in die eigenen Stärken und die Konstanz. Und daran muss das Trainerteam arbeiten, um schnell wieder in die Spur zu finden.
Seit Oktober sind Sie jetzt Geschäftsführer bei Bayer 04. Inwiefern waren Sie dem Club – gerade emotional – schon vor Ihrem Engagement verbunden?
Emotional seit der Beginn der neunziger Jahre. Seitdem war ich als Fan im Stadion. Nicht immer, aber häufig – vor allem mit meinen Kindern in der damaligen Family Street. Das heißt, ich bin seit über 20 Jahren regelmäßig im Stadion. Das wurde nochmal intensiver, als ich – als Kommunikationschef der Bayer AG – auch für Kultur, Sport und Vereine verantwortlich wurde. Zudem wurde ich 2007 in den Gesellschafterausschuss von Bayer 04 berufen und bin seitdem mit allen internen Angelegenheiten bei Bayer 04 sehr vertraut gewesen. Insofern war der in Teilen der Öffentlichkeit bei meinem Amtsantritt geäußerte Eindruck falsch, da käme jemand von außen, der von dem Verein gar nichts weiß.
Wie hat sich Ihre Sicht auf den Club verändert, seitdem Sie ihn als Geschäftsführer von innen kennen gelernt haben?
Erheblich – und das merke ich vor allem bei den Spielen. Früher habe ich ein Spiel als Fan gesehen, habe mich geärgert oder gefreut – und dann war es damit auch beendet. Jetzt sehe ich die Spiele immer auch mit den Augen desjenigen, der die Gesamtverantwortung trägt. Man sitzt auf der Tribüne, ein Spiel läuft nicht so gut und ich denke: “Gerade heute haben wir zehn Sponsoren da, mit denen wir anschließend einen Vertrag abschließen wollten. Warum läuft es gerade jetzt nicht?” Oder man hat Vorstandsmitglieder von LG aus Korea zu Gast – und an dem Tag hat Heung-Min Son einen schlechten Lauf. Das sind Gedanken, die mir vorher nie gekommen wären.
Was mich überrascht hat, war die Erkenntnis, wie unfassbar viele Leute dafür notwendig sind, damit am Samstag elf Mitarbeiter Fußball spielen können – und mich freut zu sehen, und wie perfekt die gesamte Organisation bei Bayer 04 klappt. Das ist toll, unsere Mitarbeiter sind wirklich großartig und extrem engagiert.
Ein Schwerpunkt Ihrer ersten Monate im Amt war die neue Werbekampagne. Die hat in der Zielregion Bergisches Land erstmal eher für Unmut gesorgt. Haben diese Reaktionen Sie überrascht?
Ja, wenn Sie die Situation in Wuppertal ansprechen. Mit der Vereinsführung haben wir ein blendendes Verhältnis und werden auch im Sommer ein Freundschaftsspiel gegen den WSV machen. In Wuppertal haben sich aber 15 oder 20 Ultras zu Wort gemeldet, die zu einer Gruppe von 1500 Fans im Stadion gehören. An die will ich doch gar nicht ran. Der Fan eines Vereins hat seinen Club im Herzen. Der geht mit ihm auch in die Kreisliga, wenn es sein muss. Aber es gibt in Wuppertal über 400.000 Menschen, die nicht ins Stadion gehen, sich aber vielleicht auch für Fußball interessieren. Und denen wollten wir einen Besuch in Leverkusen schmackhaft machen.
Auch hier in Leverkusen, in der eigenen Fanszene, gab es Missmut über die Kampagne.
Ich habe mündlich wie schriftlich um ein zigfaches mehr positive Reaktionen als negative bekommen. Klar ist doch: Wir machen die Kampagne ja nicht für unsere Fans, sondern für die, die derzeit noch keinerlei Bezug zu Bayer 04 haben. Unsere Fans zum Beispiel finden den jüngsten Film von Stefan Reinartz beeindruckend. Ich auch. Aber ich kann doch keinen Film von sieben Minuten im Kino zeigen. Dort müssen wir unsere Botschaften auf wenige Aussagen in 30 Sekunden konzentrieren. Und das scheint gut gelungen, wie zahlreiche Briefe dokumentieren. Denn wir wollen Leute für Bayer 04 begeistern, die noch keine Fans sind. Mir wurde auch vorgeworfen, man hätte ja auch mehr auf die Erfolge eingehen können, die wir mit Bayer 04 haben. Da frage ich dann ganz provokant: Was denn für Erfolge? Einem Fußballfan außerhalb von Leverkusen ohne Bindung und Historie zum Verein kann ich nach den vergangenen Jahren nicht glaubhaft erklären, das er Teil des Erfolgsprojektes werden könnte. Daran müssen wir weiter arbeiten.
Ist es kein Erfolg, regelmäßig zu den Besten der Bundesliga zu gehören, dauerhaft international zu spielen?
Natürlich ist das für uns ein Erfolg. Aber ich muss auch die Brille eines Außenstehenden aufsetzen, eines Menschen, der sich zwar für Fußball interessiert, aber bisher nicht allzu viele Berührungspunkte zu Bayer 04 hat. Dieser Fan interpretiert Erfolg anders als Sie und ich, die wir von diesem Verein begeistert sind. Hinzu kommen die letzten Misserfolge. Wir werden wahrgenommen als eine Mannschaft, die regelmäßig in der Tabelle oben und zur Zeit auf Platz 2 steht. Wann immer wir dann aber im Free-TV zu sehen waren, haben wir Backpfeifen bekommen – zum Beispiel gegen Manchester und gegen Barcelona. Solche Spiele bleiben lange im Gedächtnis – leider.
Das ist ein richtiger Punkt. Aber hätte man die Kampagne nicht auch nutzen können, um endlich die alten Vorurteile auszuräumen, dass Bayer 04 ein Verein ohne Tradition ist, der keine Emotionen auslöst? Schließlich gibt es genügend Beispiele, die genau diese widerlegen könnten.
Nicht nach außen hin, nein. Wenn Sie außerhalb von Leverkusen eine Umfrage machen, dann werden 92% sagen: Bayer 04 hat keine erfolgreiche Tradition.
Ja. Und das ist das Problem.
Aber deswegen können wir die Leute mit solchen Argumenten nicht ins Stadion holen. Das müssen wir mit anderen Fakten schaffen – damit sie sich dann anschließend mit unserer Tradition beschäftigen. Anders funktioniert das nicht.
Können Sie sich nach den Reaktionen vorstellen – gerade in Fragen der Außendarstellung – die NK12 als Dachverband der aktiven Fans künftig schon im Vorfeld einer Aktion mit ins Boot zu holen?
Wir haben doch 60 Fans mit einbezogen – im Zufallsverfahren ausgesucht. Dazu kleben mittlerweile 1500 Fanbilder auf dem Mannschaftsbus. Das hat kein anderer Verein in Deutschland. Ich treffe mich auch regelmäßig mit Fan-Vertretern, suche den Dialog und höre mir deren Wünsche an. Natürlich kann man immer mehr machen, aber ich denke schon, dass wir eine gute Basis für Kooperation gefunden haben.
Außerdem bin ich in einem Punkt völlig anderer Meinung als die NK12. Sie sagen, Sie wollen kein Familienverein sein. Ich will es – und zwar bewusst. Für uns kann die Identifikation nicht nur darin bestehen, dass wir eine Nordkurve haben mit Hardcorefans. Wir sind nun einmal ideal geeignet für Familien. Wir hatten ganz früh die Family Street, wir haben Wickelräume, wir haben Kinderspielräume, die intensiv genutzt werden. Zu uns kommen Familien, weil sie sich sicher fühlen. Weil wir keine Fans haben, die ständig mit Böllern werfen. Und der Siebenjährige, der jetzt mit seinem Vater kommt, der kommt irgendwann auch alleine und später bringt er seine eigenen Kinder mit. Der ist Teil einer Tradition, an der wir arbeiten. Wir müssen früh anfangen.
Ich denke nicht, dass der Punkt ist, nicht familienfreundlich sein zu wollen. Es besteht nur die Sorge, durch die Kampagne ausschließlich darauf reduziert zu werden.
Deswegen sagte ich ja: Sie als Fans schauen auf die Kampagne, die für Sie nicht bestimmt ist. Wir versuchen Leute anzusprechen, die mit Bayer 04 nichts zu tun haben. Und ich sage: Wenn wir in den vergangenen Wochen nicht gespielt hätten, wie wir gespielt haben, dann hätten wir ab dem Mainz-Spiel die Bude voll gehabt. Garantiert.
Sehr positiv kam bei den Fans an, wie Sie von Beginn an auf Fanbelange eingegangen sind. Woher die Affinität zu dem Thema?
Das dürfen Sie mir abnehmen oder nicht, aber ich bin ein Riesen-Fan der Fans. Das Paket Fußball, das heute nun einmal eine Ware ist, funktioniert nur dank der Fans. Mein Aha-Erlebnis war das Nürnberg-Spiel vor zwei Jahren und die 12:12-Aktion. Da lief auf dem Platz ein sehr munteres Spiel – aber es herrschte Totenstille im Stadion. Erst als unsere Fans reingestürmt sind und auch die Nürnberger angefangen haben zu singen, wurde das Spiel zu einem Erlebnis. Damals habe ich begriffen, dass die Ware Fußball ohne die lautstarken Fans viel weniger Wert hat. Mannschaft und Fan müssen eine Einheit bilden – dann wird Fußball zum Erlebnis für alle. Und deshalb habe ich ein großes Herz für die Fans uns ihre Anliegen. Zu den ersten Terminen, den ich nach meinem Amtsantritt außerhalb wahrgenommen habe, gehörte ein Besuch im Fanhaus. Das war mir extrem wichtig. Ich habe dort gut zugehört und zahlreiche Wünsche vernommen. Einige haben wir sofort umgesetzt, andere werden demnächst erfüllt.
Zum Beispiel?
Wir werden jetzt bald mit dem Umbau der verschiedenen Stadionebenen beginnen. Das ist ein Versprechen. Es werden Kioske gebaut, es werden Toiletten gebaut. Wir werden das Stadion peu-à-peu umgestalten und modernisieren, damit Sie sich wohl fühlen können.
Auch ansonsten versuche ich Dinge aufzugreifen, die ich höre. Irgendwann wurde mir erzählt, dass einige Fans sich wünschen würden, die Inszenierung der Kurve dokumentieren zu können, um die Bilder ins Internet zu stellen. Also haben wir sofort in Auftrag gegeben, dass unter dem Stadiondach Kameras eingerichtet werden, die spätestens ab dem Mainz-Spiel alles aufzeichnen. Das Bildmaterial wird dann auf bayer04.de zur Verfügung gestellt – damit alle sehen können, was in Leverkusen los ist und was die Fans Tolles kreieren.
Und: Wir sind gerade auch dabei, ein neues Fanhaus zu suchen. Ich war vor kurzem im aktuellen zu Besuch fand die Zustände – nun ja – “optimierungsbedürftig”. Ich habe sofort persönlich mit der Suche nach einer Alternative begonnen und in diesem Zusammenhang viele Adressen kontaktiert. Wir haben einiges Interessante gefunden – drei Objekte sind jetzt in einer finalen Auswahl. Ich denke, wir werden bald eine gute Lösung finden.
Die Ultrá-Kultur prägt auch in Leverkusen die aktive Fanszene. Die Diskussion um die Gruppen ist mittlerweile seit Jahren kontrovers in der Öffentlichkeit. Wie stehen Sie zur Ultrá-Kultur?
Um das mal hier auf Leverkusen zu beziehen: Wir haben – pauschal gesagt – sehr ordentliche und sehr engagierte Fans. Dafür bin ich dankbar. Sie halten sich an gewisse Spielregeln, die wir uns gegenseitig setzen. Ich habe anfangs gesagt: Mit mir kann man alles machen, wir können über jegliche Unterstützung reden, aber bestimmte Grenzen dürfen nicht überschritten werden. Pyro, Beleidigung, Diskriminierung und Körperverletzung. Da finde ich Plakate wie beim Bayern-Spiel (Anm. d. Red.: die Schmähplakate gegen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge) absolut nicht akzeptabel. Dafür haben wir uns bei den Betroffenen in aller Form entschuldigt, das will ich aber nicht ständig tun müssen. Ich finde nicht, dass es das Recht der Fans ist, in unserem Stadion Gäste in dieser Form zu beleidigen.
Ein Dauerthema in der Diskussion zwischen Fans und Verein ist die Vergabepraxis von Stadionverboten, bei denen häufig auch Verbote auf Verdacht und ohne strafrechtliche Grundlage ausgesprochen werden. Mit welcher Strategie wollen Sie das Thema in Leverkusen behandeln?
Wenn bestimmte Dinge zweifelsfrei nachgewiesen sind, dann halte ich diese Maßnahme für absolut gerechtfertigt. Anders können wir die Fans nicht vor sich selbst schützen. Wir haben im Moment in Deutschland eine ganz kleine Gruppe von Personen, die Dinge machen, die nicht in Ordnung sind. Die Öffentlichkeit redet aber nicht von “ein paar Dutzend Krawallmachern”, sie redet von “den Fans”, sie redet von Ihnen. Von denen, die mit Begeisterung zum Fußball gehen um die eigene Mannschaft zu unterstützen. Diese echten Fans müssen wir vor den Krawallmachern und Schlägern schützen, damit nicht alle in Misskredit geraten. Sie sollten sich auch von diesen gewaltbereiten Gruppen distanzieren. Indem Sie darauf achten, dass gewisse Dinge in Ihrem Umfeld nicht passieren. Sonst haben Sie bald alle darunter zu leiden. Bestes Beispiel ist doch das Transparent gegen die Bayern. Das haben ein Dutzend Fans hochgehalten, aber gesprochen wurde von “den Leverkusener Fans” – und die würde ich aufs Blut verteidigen. Die Guten müssen von den Schlechten getrennt werden. Und wenn das nur mit einem Stadionverbot funktioniert, dann bin ich dafür. Aber nicht rein profilaktisch, sondern nur, wenn per Video oder Foto der Beweis eines Verstoßes erbracht ist.
Da werden Ihnen viele Fans sicherlich im Kern zustimmen, nicht umsonst gab es bei den Ultras Leverkusen seit der misslungenen Pyro-Show in Düsseldorf die Absprache, auf unbestimmte Zeit auf Pyrotechnik zu verzichten. Aber es gibt nun einmal auch in Leverkusen Stadionverbote, die auf wackligen Füßen stehen, weil sie eben nicht nachgewiesen werden können.
Dazu kann ich nichts sagen. Davon habe ich noch nichts gehört. Noch einmal: Bei klarer Beweislage – und nur dann – bin ich für eine spürbare Bestrafung – zum Schutz der guten Fans.
Eine Menge Diskussionen hat es schon unter Ihrem Vorgänger über die stark gestufte Preispolitik in der BayArena gegeben. Gibt es mittlerweile Überlegungen, diese zu reformieren?
Ich habe nicht vor, die Preise zu senken, weil wir im Preis-/Leistungsverhältnis schon unten stehen in der Bundesliga. Ich will sie nur fairer und transparenter machen. Ich will die verschiedenen Gruppen mit Modell A und B, Option C und Wahlmöglichkeit Y abschaffen. Es soll für unsere Fans nur noch einen einzigen Kartentyp geben, preislich natürlich abgestuft nach den einzelnen Blockkategorien. Es gibt nur einziges Paket, dass ich zukaufen kann, nämlich alle anfallenden Europapokal-Heimspiele in der Vorrunde – und zwar ohne A-, B- und C-Spiel und ohne Zuschläge für Dauerkarteninhaber. Deren langjährige Treue muss belohnt werden. Ich möchte nicht, dass der Fan, der immer zu Bayer 04 steht, sich Gedanken machen muss, ob nun Donezk besser ist oder San Sebastian oder wer auch immer. Für ihn wird es keine unterschiedlichen Preise mehr geben, sondern nur noch für „Rosinenpicker“. Übrigens haben wir schon demonstriert, wie wichtig uns die Treue unserer Fans ist: Wir haben die Preise für Dauerkarteninhaber im Heimspiel gegen Paris um 30 Prozent gesenkt und die Karten für das Auswärtsspiel in Paris zur Hälfte subventioniert.
Zuletzt wurden vereinzelt Spiele in der BayArena von Gästefans boykottiert, um auf die stark gestiegenen Preise für Gästekarten in den Topspielen aufmerksam zu machen. Sehen Sie auch da Handlungsbedarf?
Ja, wir werden die Klassifizierung für die Auswärtsfans abschaffen. Das habe ich den Vorständen der betreffenden Clubs bereits schriftlich mitgeteilt – und sehr viel Lob und Zustimmung bekommen. In der neuen Saison zahlt jeder Auswärtsfan im Gästeblock das, was Sie in der Nordkurve bezahlen. Das gleiche Verhältnis gilt auch für die Sitzplätze. Man kann einen Fan doch nicht bei jedem Auswärtsspiel mit einem Top-Zuschlag bestrafen, nur weil er in der Stadt eines Top-Vereins wohnt. Zum anderen bringt uns der komplette Verkauf des Auswärtskontingents mit normalen Preisen mehr als nur wenige verkaufte Tickets zu Top-Preisen. Denn die kurzfristig zurückgegebenen Tickets können nicht mehr abgesetzt werden, weil im gegnerischen Block kein Bayer-Fan stehen möchte. Ich bin jedoch nach wie vor für abgestufte Preise bei den Tageskarten in den neutralen Bereichen, weil ich der Meinung bin, dass derjenige, der nicht regelmäßig kommt und nur einmal im Jahr ein Top-Spiel sehen möchte , auch entsprechend bezahlen soll. Aber ich kann nicht denjenigen bestrafen, der nun mal aus München kommt, Bayern-Fan ist und zur Unterstützung seines Clubs eigens anreist. Ich hoffe, dass diese Fairness auch unseren Fans in den anderen Stadien zuteil wird.
Ein anderes Thema, das den aktiven Fans seit Jahren sauer aufstößt, ist, dass Mitglieder des Bayer 04-Clubs, die einfach nur 30 Euro im Jahr bezahlen, im Ticketverkauf die gleichen Vorkaufsrechte haben wie Dauerkarteninhaber. Bei stark nachgefragten Spielen kommen so aktive Fans nicht an Karten, weil einige “Rosinenpicker” und Schwarzhändler sie wegkaufen. Wieso bekommen die treusten der Treuen da kein Vorrecht?
Ich kenne das Problem nicht, da müsste ich mich erst einarbeiten.
Bayer 04-Kommunikationschef Meinolf Sprink übernimmt:
Das Thema “Rosinenpicker” ist sicherlich ein Thema bei den Topspielen. Ich gebe zu, dass da einige Stellschrauben zu bewegen sind. Aber man sollte mit dem Club eben auch Leuten eine Chance auf Karten geben, die nicht hier wohnen, aber einen Bezug zu Bayer 04 haben und keine Schwarzhändler sind.
Ihr Blick nach vorn: Was für ein Club ist Bayer 04 in fünf Jahren?
Ich hoffe, Bayer 04 ist dann ein Club, der sportlich konstant erfolgreich ist. Das heißt nicht mehr wie früher mal “zwischen Platz 2 und 9”. Wir müssen uns klar definieren: Wir wollen jedes Jahr international spielen – und wenn es gut läuft in der Champions League. Zweitens: “Vizekusen” darf für uns auf Dauer nicht das Ende allen Denkens sein und nicht der Deckel, mit dem wir alle unsere Bemühungen abgrenzen. Man tritt im Sport an, um Titel zu gewinnen. Das gilt eigentlich für jeden Sportler und in jeder Klasse. Mir scheint es in der gegenwärtigen Konstellation im deutschen Fußball vermessen zu sein, über eine Meisterschaft zu philosophieren oder einen Titel zu fordern. Aber jede Ära geht irgendwann zu Ende. Und unser Anspruch darf nicht sterben: Wir wollen einen Titel – irgendwann.
Herr Schade, vielen Dank für das Gespräch.