Interview mit Bayer-Fans im Iran
Dass die Bayer 04- Fangemeinde mittlerweile weit über die Grenzen des Rheinlandes, ja auch über jene Deutschlands und Europas angewachsen ist, erfreut uns natürlich sehr. Gerade in Südamerika ist unser Verein bekannt, in Südkorea logischerweise ebenfalls. Dass unserem SVB auch im Iran die Daumen gedrückt werden, ist hingegen außergewöhnlich und gerade deswegen umso erfreulicher. Die Nordkurve12-AktUL-Redaktion sprach nun stellvertretend für die iranischen Bayer 04-Fans mit Hossein und Mohsen.
Hossein, Mohsen, kennt ihr den Begriff “Werkself”?
Ja, ich habe davon gehört, dass das ein Spitzname unseres Vereins ist. Soweit ich weiß hat das irgendwas mit Arbeit zu tun. Ich kann mich an eine Werbekampagne vor ein paar Jahren erinnern, für die Bayer-Spieler mit Hammern und anderen Werkzeugen posiert haben.
Genau richtig, ihr seid ja nicht schlecht informiert. Dabei liegen mehr als 5700 Kilometer zwischen Leverkusen und eurer Heimatstadt Sabzevar im Südosten des Iran. Wie wird man denn da bitte zum Bayer-Fan?
Als Kinder haben wir den ganzen Tag lang Fußball geschaut. Wir waren viel zu jung, um Fußball wirklich zu verstehen, geschweige denn zu analysieren. Aber wir haben es einfach geliebt, wie Leverkusen damals unter Daum und später Toppmöller gespielt hat. Wir mochten ihre Trikots und die großartige Spieler damals, diese goldene Generation. Als Kind haben wir uns gewünscht, irgendwann für Leverkusen spielen zu dürfen, stattdessen sind wir zu immer größeren Fans geworden – und bis heute geblieben.
Ihr sprecht beide kein Deutsch. Wie haltet ihr euch über den Bayer auf dem Laufenden?
Anders als früher können wir die Spiele heute meistens im Internet verfolgen. Das ging früher nicht, weil das iranische Fernsehen keine Bundesliga überträgt. Ansonsten lesen wir alles, was wir an englischsprachigen Nachrichten in die Hände bekommen und übersetzen deutsche Artikel mühsam mit Google Translate. Aber eigentlich wollen wir gerne mal Deutsch-Unterricht nehmen.
Kennt ihr die Nordkurve12 als Dachverband der Leverkusener Fan-Szene?
Nicht wirklich. Der Name war uns schon oft begegnet, aber um ehrlich zu sein, kennen wir sie erst so richtig, seit ihr uns für das Interview kontaktiert habt. Wir werden uns darüber aber bald mal besser informieren.
Ihr habt mir erzählt, dass ihr so um die 20 Leute kennt, die Bayer 04 im Iran supporten. Wie bekannt ist der Verein im Iran denn generell?
Leverkusen kennt und schätzt man, aber Fans gibt es kaum. Manche hier nennen unseren Verein die “Lovely Lions”. Generell gibt es im Iran viele Leute, die Deutschland toll finden. Aber das sind dann natürlich alles Bayern- oder vielleicht noch Dortmund-Fans.
Wie reagieren die Leute, wenn sie hören, dass ihr Bayer-Fans seid?
95 Prozent der Leute finden das lustig und lachen aus. Im Iran gibt es eine Menge Leute, die keine Ahnung von Fußball haben. Ehrlich gesagt nervt uns das immer ziemlich. Leverkusen-Fan im Iran zu sein kann also echt hart sein, aber das ist uns eigentlich egal.
Wie versucht ihr den Bayer im Iran populärer zu machen?
Wir haben vor ein paar Jahren einen Blog – bayer04.ir – gestartet, auf den wir immer aktuelle Infos zum Verein auf Persisch übersetzen. Und seit einiger Zeit haben wir auch eine Fanpage auf Facebook, auf der wir Nachrichten teilen und Fotos oder Collagen einstellen. Da sind wir relativ aktiv. Unsere aufwändigste Aktion waren aber unsere Filme mit dem Titel “The Lions”. Das sind Dokus auf persisch, in denen wir große Spiele des Clubs zeigen und Leute aus dem Iran sich zum Verein äußern.
Seit Pashazadeh und Yazdani vor etwa 15 Jahren hat kein Iraner mehr in Leverkusen gespielt. Gibt es aktuell einen iranischen Spieler, den ihr euch beim Bayer vorstellen könntet?
Erstmal: Du hast Ali Mousavi vergessen, der hat auch für uns gespielt. Von den aktuellen Spielen könnte ich mir Bakhtiar Rahmani in Leverkusen vorstellen. Er spielt im Iran für Foulad und ist dort mit 22 Jahren der jüngste Mannschaftskapitän der Vereinsgeschichte und eines der größten Talente Asiens. Ein offensiver Mittelfeldspieler. Der wäre zumindest eine ordentliche Ergänzung für uns.
Zur Zeit schwärmt in Deutschland jeder vom tollen Saisonstart unseres Teams. Wie seht ihr unser Team zur Zeit, so aus der Ferne?
Wir sind echt optimistisch. Diese Saison ist irgendwie anders, wir könnten wirklichetwas erreichen. Abgesehen von ein paar Fehlern, zum Beispiel Hegeler und Wollscheid abzugeben, hat der Verein im Sommer echt gute Arbeit geleistet. Wir haben alles, was es für den Erfolg braucht. Roger Schmidt könnte derjenige sein, der unseren 111 Jahre alten Traum Wirklichkeit werden lässt.
Und dann schafft ihr es auch zum ersten Mal nach Leverkusen, um zu feiern?
Wir wollen so schnell wie möglich kommen, aber das ist leider nicht ganz einfach. Zu reisen ist für Iraner nicht ganz so einfach, wie ihr das kennt. Aber irgendwann mal ein Spiel in der BayArena zu gucken ist unser großer Traum. Und der wird sich hoffentlich in den nächsten Jahren erfüllen.