Liebe Mannschaft,
was war das am Samstag? Eine miese Ausgabe von "Verstehen Sie Spaß?“, über die keiner so recht lachen konnte? Ein böser Albtraum? Oder doch euer bitterer Ernst?
Dieser Auftritt war eine Frechheit – gegenüber eurem Arbeitgeber, vor allem aber uns Fans gegenüber. Mal wieder. Da ist die vergangene Rückrunde, da sind die letzten Spiele gegen Köln und die Bayern. Die wollte jeder schnell vergessen: wir, die Funktionäre und ihr wahrscheinlich auch. Vor allem aber wollten wir, dass sich so etwas nicht wiederholt. Am Samstag war es wieder so weit. Das letzte Spiel der Hinrunde war ein passender Schlussstein in einer Reihe unerklärlicher Auftritte, die im Grunde jeglicher Beschreibung spotten.
Wir haben es oft geschrieben und können uns nur wiederholen: Niemand erwartet, dass Ihr Woche für Woche Fußballfeste auf den Rasen zaubert. Niemand erwartet, dass Ihr jeden Gegner in Grund und Boden spielt. Keiner von uns schafft es, sich jeden Tag aufs Neue auf seinem höchsten Niveau zu halten. Was man aber auch an schlechten Tagen leisten kann, ist Kampf. Leidenschaft. Wille.
Es wäre zu einfach zu sagen, dass Ihr im Kollektiv versagt habt. Man hat dem ein oder anderen durchaus angemerkt, dass er wollte, aber einfach nicht besser konnte, weil er nach den vielen Spielen physisch wie psychisch platt war. Im Wesentlichen aber – und wir hoffen, dass Ihr so ehrlich zu Euch selbst seid – hat eben nicht jeder alles gegeben.
Man muss nicht besonders intelligent sein, um zu merken, dass es im Verhältnis zwischen Euch und Robin Dutt mehr als nur ein bisschen kriselt. Dass mit Hanno Balitsch ausgerechnet einer derer geopfert wird, die auf dem Platz immer das Letzte aus sich herausgeholt haben, ist bezeichnend. Und dass der Trainer einige seiner Amtshandlungen hinterfragen und korrigieren muss, steht außer Frage. Aber jede Medaille hat zwei Seiten. Jeder Streit hat zwei Parteien.
Wegen eines einzigen Spiels würden weder die Fans auf den Rängen mit Hohn- und Spottgesängen reagieren noch wir mit diesem sehr deutlichen Brief an Euch. Auftritte wie gegen Köln und Nürnberg erleben wir seit Jahren in trauriger Regelmäßigkeit, egal ob unter Skibbe, Labbadia, Heynckes oder eben Robin Dutt, also unabhängig davon, wer auf der Trainerbank sitzt. Aber wie Ihr selbst wisst (zwei von Euch waren zu Besuch im Fanbeirat und haben unsere Botschaft hoffentlich ans Team überbracht), geht es uns nicht mehr um einzelne Nachmittage oder um die eine vermasselte Partie. Es geht um Grundsätzliches.
Da sind viele Dinge, die uns nichts angehen und uns egal sein können. Es ist völlig irrelevant, ob Ihr Schnitzel esst, Nutella, Milchreis oder Vollkorntoast und Obst. Ob Ihr einen Ferrari fahrt oder einen Opel Corsa. Aber uns nicht egal, wenn Ihr in unseren Farben ein so leidenschaftsloses, blutleeres Gekicke abliefert wie am Samstag. Ihr lauft für unseren SVB auf, Ihr tragt unser Trikot, Ihr repräsentiert Leverkusen! In der Häufung, in der wir Fans uns in diesem Jahr solche Auftritte angucken mussten, können und wollen wir nicht mehr ungläubig zusehen.
Wir wollen an euch appellieren: Werdet euch bewusst, was dieser Verein für viele von uns bedeutet. Was sie für den Bayer geben würden. Wie wollt Ihr diesen Menschen diese Partien erklären? Die wehrlose 1:5-Klatsche in München? Die beiden verlorenen Derbys? Die anderen Auftritte der letzten Monate, in denen der mangelnde Wille die Punkte gekostet hat? Spiele wie diese sind schmerzhafte Stiche in unsere stolzgeschwellte Bayer-Brust. Samstag war nur die Krönung, die das Fass hat überlaufen lassen.
Dabei könnte alles so schön sein, weil wir uns in den ganz besonderen Momenten auch zeigt, was ihr könnt, wenn ihr nur wollt. Die tollen Champions-League-Abende, die Siege gegen Valencia und Chelsea, das Erreichen des Achtelfinales. Ihr lasst uns mittwochs auf Wolke sieben Schweben und reißt uns am Wochenende wieder aus den Träumen. Leblos, desinteressiert, planlos, unwillig. Warum? Kennt ihr selbst die Erklärung? Wo ist euer Herzblut für den Beruf? Eure leidenschaftliche Berufsauffassung?
Nein, wir sind keine naiven Fußballromantiker. Wir wissen, dass Fußball in erster Linie ein Beruf ist und dass die Zeiten totaler Identifikation mit dem eigenen Verein für die meisten Spieler lange vorbei sind. Aber für uns Fans, die nicht nur viel Herzblut in euch und den Club investieren sondern auch eine Menge Zeit und Geld (nicht wenige haben euch 2011 jedes Mal zugesehen haben, egal ob in Dresden, Leverkusen, London oder Charkov), ist so etwas ein absoluter Schlag ins Gesicht. Es tut weh, es schmerzt. Interessiert Euch das eigentlich? Spielt das eine Rolle? Oder ist es Euch egal?
Am Samstag haben sich in der Kurve lange angestaute Emotionen entladen. Dass Hohn- und Spottgesänge bei Euch nicht gerade Jubelstürme auslösen, können wir verstehen. Aber dass nach so einem Kick nur zwei von Euch überhaupt zurückbleiben und der Rest die Flucht vor der Verantwortung in der Kabine sucht, hinterlässt einen weiteren faden Beigeschmack. Interessiert euch das was da auf den Rängen passiert? Sind wir Euch egal?
Wir wollen von euch keine Sonntagsreden. Kein "sowas darf nicht passieren, kommt nicht wieder vor". Das haben wir oft genug gehört. Zeigt uns in jedem Spiel auf dem Platz, dass Ihr keine verweichlichten Söldner seid. Dass Ihr nicht vor personellen Konstellationen flüchtet, die euch nicht passen. Wir haben in der vergangenen Saison oft genug gesehen, dass ihr es könnt. Spiele wie gegen Saloniki oder Eintracht Frankfurt waren fußballerisch gruselig. Aber Ihr wolltet diese Spiele unbedingt gewinnen und habt bis zum letzten Pfiff geglaubt und gekämpft. Da waren sie, die viel zitierten Tugenden. Da waren Leidenschaft, Einsatz und Willen. Ob dann am Ende gewonnen wird oder nicht, ist zweitrangig. Wir haben gezeigt, dass wir Leistung honorieren – ob beim 0:0 gegen Dortmund, oder nach dem 0:2 beim FC Chelsea.
Wir haben uns mit diesem Brief dazu entschieden, deutlich zu werden, drastische Worte zu wählen. Nun rufen wir euch dazu auf zu reagieren: Meldet euch. Zeigt, dass unsere Botschaft angekommen ist und liefert uns Antworten auf die vielen Fragen, die wir uns schon seit langer Zeit stellen. Gebt uns Antworten. Nicht mit platten Facebook-Statusmeldungen sondern im direkten Dialog mit den Fans. Und vor allem auf dem Platz.
Wir wünschen jedem einzelnen von Euch, dass es ihm in der Weihnachtszeit gelingt abzuschalten, die Hinrunde zu verdauen, aber auch zu hinterfragen was er hätte besser machen können. Genauso wünschen wir Euch aber auch besinnliche, ruhige und schöne Tage im Kreise Eurer Familien und Freunde.
Auch wenn es komisch klingen mag nach so einem Brief: Frohes Fest und einen guten Start ins neue Jahr. Ernsthaft!
Eure Nordkurve12 e.V.