“Wir für Euch – Ihr für uns” – dieses Motto wurde vor einigen Jahren ausgerufen, um die Verbundenheit zwischen Fans und Mannschaft zu fördern und daraus gegenseitig zu profitieren. Diese Verbundenheit war in der Hinrunde der laufenden Spielzeit nicht immer in jenem Maße zu spüren, wie es eigentlich angebracht sein sollte. So trafen sich am gestrigen Mittwochabend Vertreter der aktiven Fanszene und der Mannschaft im Stadioneck, um ein Resümee über die Hinrunde zu ziehen, konkrete Situationen aufzuarbeiten und auch einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Auf Initiative von Kapitän Lars Bender folgten neben Stefan Kießling und Ömer Toprak auch Rüdiger Vollborn, Meinolf Sprink und Vertreter von UL und NK12 dieser Einladung.
Zu Beginn des Treffens wurden die Vorkommnisse aus Borisov als mahnendes und negatives Beispiel thematisiert. So waren sich alle Anwesenden einig, dass hier ein absolutes Fehlverhalten der Mannschaft vorlag und eine große Chance verspielt wurde, auf den so wichtigen Austausch mit den Fans einzugehen. Das ignorante Auftreten fast aller Spieler in der Nacht am Flughafen von Minsk, hatte für tiefe Risse im Verhältnis beider Seiten gesorgt. Das Fehlen von Führungsspielern auf dieser Reise mag sicherlich ein Grund sein, jedoch müssen auch jüngere Spieler schnellstmöglich lernen, wie man sich in so einer Situation in Zukunft zu verhalten hat. Und dies nicht nur aus Anstand, sondern bestenfalls aus Überzeugung. Uns war es beim gestrigen Treffen wichtig ein Verständnis zu erzeugen, dass jeder Spieler erhebliche auch persönliche Vorteile daraus zieht, wenn er in einem guten Verhältnis zu den Fans steht. Was ein Lars Bender oder ein Stefan Kießling schon seit langer Zeit in diesem Verein verinnerlicht haben, muss nun jedoch auch an die jüngere Generation weitergegeben werden. So muss eben diesen Spielern vermittelt werden, dass die Emotionen derer, die den Fußball und den Verein leben und lieben wichtiger sind, als Instagram-Hashtags und Facebook-Likes! Es kann nicht sein, dass einige Spieler in ihren Parallelwelten einen Tag nach einem verlorenen Derby munter ihre “Gute Laune-Selfies” mit Luxusartikeln aller Art posten und damit den Eindruck erzeugen, dass ihnen die Ereignisse am Tag zuvor egal seien, während die Fans noch Wochen danach an der Niederlage zu knabbern haben.
Grundsätzlich erzielte man Einigkeit in diesen Dingen, allerdings können auch die Anwesenden manchmal nicht mehr machen als mit gutem Beispiel voran zu gehen. Doch was wird in ein paar Jahren, wenn die erfahrenen Spieler und Identifikationsfiguren wegbrechen? Wer kommt nach oder besteht unsere Mannschaft dann nur noch aus Parallelweltspielern? Natürlich gibt es, wie auch in allen Bereich des Lebens sonst, immer unterschiedliche Charaktere, doch ist es Aufgabe eines jedes Einzelnen im Verein diese Charaktere zu formen.
Denn eins ist klar: Zuschauer gewinnt man durch guten Fußball, Fans durch Identifikation und eine tiefe emotionale Verbundenheit! Es war uns wichtig, dies den Spielern noch einmal vor Augen zu führen und ihnen aufzuzeigen, welchen großen Einfluss vor allem kleine Gesten und Aktionen darauf haben können. Fehlt die emotionale Bindung des Fans zum Geschehen und den Akteuren auf dem Platz, dann wird das Spiel nur noch konsumiert. Dieser gefährlichen Entwicklung gilt es entgegenzusteuern und hier sind vor allem die Profis in der Pflicht.
Doch das gestrige Treffen diente nicht nur dazu, den Spielern unsere Ansichten zu vermitteln und ihnen über die Strukturen und Tätigkeiten innerhalb der Fanszene zu berichten. Denn auch wir wollten erfahren, wie Spieler in gewissen Situationen ticken, was sie denken, was sie vielleicht erwarten oder sich wünschen. So werden definitiv Geschehnisse auf den Rängen und auch Verhaltensweisen der Fans auf dem Platz deutlich stärker wahrgenommen, als man es vermuten würde. Fußball-Comedian Frank Goosen sagte einmal den treffenden Satz: “Man geht nicht zum Fußball, um sich zu amüsieren, sondern um sich aufzuregen”. Wir haben das Gefühl, dass in Leverkusen der Anteil derer, auf die dies zutrifft unverhältnismäßig hoch ist. Daran müssen auch wir als Fanszene arbeiten! Die Mannschaft spürt auf dem Platz, wenn sich eine negative Grundstimmung im Stadion ausbreitet. Hierzu zählt beispielsweise schon das Raunen bei einem hintenherum gespielten Ball in der frühen Phase des Spiels, das vor allem unerfahrene Spieler bereits verunsichern kann. Auch wir Fans sollten uns demnach viel öfter den Spiegel vorhalten und uns fragen, ob unser Support und das Verhalten im Stadion wirklich zielführend ist. Wir werden in Leverkusen wohl nur dann etwas erreichen, wenn ein positiver Ruck durch die Kurve geht und der Funke auch mal wieder von uns auf die Mannschaft überspringt und wir nicht immer nur erwarten, dass es zwingend nur umgekehrt der Fall sein muss.
Im Übrigen werden auch Spruchbänder – sei es zu Jubiläen, langwierigen Verletzungen oder sonstigen Dingen -nicht nur wahrgenommen, wenn sie da sind, sondern auch vermisst, wenn sie es nicht sind. So können auch wir als Fanszene daraus mitnehmen, ob man sich das ein oder andere Mal nicht lieber auf den eigenen Verein bzw. die eigene Mannschaft konzentrieren sollte, als sich mit Gegner oder gegnerischer Fanszene zu beschäftigen. Auch daraus werden wir alle unsere Vorteile ziehen.
Es steht eine anstrengende Rückrunde vor uns und es wird extrem schwer all unsere Ziele zu erreichen. Nicht nur die Qualifikation zur Champions League ist der erklärte Wunsch, sondern auch Berlin und Basel als Finalorte sind natürlich in den Hinterköpfen angesiedelt. Wir betonten, dass vor allem diese K.O.-Spiele, in denen man diesem Traum ein Stück näher kommen kann, die Knackpunkte in der Saison sein können und demnach langfristig Stimmungen und Gefühle beeinflussen. Gehen wir es also gemeinsam schon am Samstag in Hoffenheim und dann in unserem Stadion gegen Hannover an, welches – wie Ömer einmal so schön sagte – wieder zu einer lauten Festung werden muss.