Kein Thema beschäftigt Fußballfans vereinsübergreifend derzeit so sehr, wie das von der Deutschen Fußball Liga (DFL) präsentierte Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“. Auch wir haben bereits ausführlich über das Thema berichtet und das Konzeptpapier detailliert erklärt. An dieser Stelle möchten wir noch einmal eindringlich auf die bedrohliche Situation hinweisen, in welcher wir uns als Fußballfans zurzeit befinden: Sollte am 12. Dezember 2012 das Konzeptpapier in der bisherigen Form verabschiedet werden und die Verbände den Inhalt in aller Härte umsetzten, dann bedeutet das den Tod der Fankultur in Deutschland und des Fußballs wie wir ihn lieben. Dies betrifft nicht nur Kutte, Supporter oder Ultra – es betrifft jeden Stadionbesucher!
Am 1. November 2012 fanden auf Einladung der Fan- und Mitgliederabteilung und des Supporterclubs “Eiserner Virus” von Union Berlin und der Union-Ultraszene zwei voneinander getrennte Treffen statt, welche verschiedene thematische Schwerpunkte hatten. Bei dem Treffen der Fan- und Mitgliederabteilung des 1. FC Union ging es um strukturelle Veränderungen, um ein größeres Mitspracherecht von Fans in Vereinen zu realisieren. Das Treffen der Ultras hingegen thematisierte den möglichen Verlauf einer Protestaktion und die damit zusammenhängende Aufmerksamkeit der Medien. Vertreter der Nordkurve12 und der Ultras Leverkusen waren bei beiden Veranstaltungen anwesend.
Angesichts der wachsenden Brisanz hatte auch die DFL – übrigens im Gegensatz zu Polizei und Politik – den Weg nach Berlin gefunden. Auf ehrliche Antworten oder schlüssige Erklärungen wartete man von den DFL-Vertretern allerdings vergeblich. Stattdessen bekamen die angereisten Fanvertreter billige Ausreden und viel inhaltsloses Geschwätz zu hören. Andreas Rettig, designierter Geschäftsführer der DFL, versuchte sich zwar in Selbstkritik (“Es wurden Fehler gemacht; man hätte die Fans einbinden müssen. Wir wollen jetzt unseren Beitrag leisten und die Fans mitnehmen.”) Allerdings stellt sich die Frage, warum erst nachdem die Fans bundesweit auf die Barrikaden gegangen sind, das Gespräch gesucht wird. Warum wurden wir vorher ausgeschlossen? Rettig wird sich an seinen Worten messen lassen müssen, wenn er den Geschäftsführer-Posten antritt. Weiterhin wurde den Fans unterstellt, dass sie das Konzeptpapier weitestgehend falsch verstanden hatten. Grundsätzlich könne die DFL den Vereinen nur Vorschläge unterbreiten, die Umsetzung sei sowieso keine Pflicht. Und als Fan, so die unfassbare Aussage eines Offiziellen, müsse “man auch mal in den sauren Apfel beißen und in einem Container seine Jacke ausziehen”. Wie diese Worte auf Leute wirken, die sich bereits heute schon unwürdigen Nacktkontrollen ausgesetzt sahen (und das sind nicht wenige), lässt sich leicht ausmalen. Sollte so etwas in Zukunft die Regel werden, dann gute Nacht.
Die abschließende Erarbeitung einer Stellungnahme im Wortlaut zeigt, dass so etwas wie Basisdemokratie im Fußball tatsächlich möglich ist. Unter gemeinschaftlicher Diskussion wurden die sechs Punkte, in die die Diskussionsergebnisse unterteilt waren, so formuliert, dass alle Fanvertreter zumindest im Großen und Ganzen einverstanden sind. Unbürokratisch und sachlich wurde Punkt für Punkt besprochen, Verbesserungsvorschläge diskutiert, auf Gegenstimmen eingegangen. Zwar dauerte diese Abschlussdiskussion fast zwei Stunden, aber das war es wert. Fast schien es so, als könnte der Verband in Sachen Kommunikation und Dialog noch eine Menge von den bis dato unorganisierten Fanvertretern lernen. Das Ergebnis dieser produktiven Stunden hatten wir an dieser Stelle ja bereits gepostet.
Zur selben Zeit saßen 130 Vertreter von Ultra-Vertretern aus ganz Deutschland etwa drei Kilometer entfernt zusammen und debattierten über die möglichen Protestformen, welche kurzfristig die nötige Aufmerksamkeit in Fußballdeutschland erzielen könnten. Allen Anwesenden war von Beginn an klar, dass nur ein gemeinsamer Weg eine Veränderung der Situation bewirken kann. Letztendlich einigte man sich auf Protestaktionen vom 14. bis einschließlich 16. Bundesligaspieltag. Dies betrifft unsere Spiele in Bremen (28.11.), das Heimspiel gegen Nürnberg (01.12.) sowie das Auswärtsspiel in Hannover (09.12.).Getreu dem Namen der Aktion “12:12, der zwölfte Mann wehrt sich” werden wir 12 Minuten und 12 Sekunden zu Beginn unseres Auswärtsspiels in Bremen schweigen. Dieser Stimmungsboykott wird bundesweit an diesem Spieltag durchgeführt. Wir werden natürlich noch ein Gespräch mit der Mannschaft führen und sie über die Aktion aufklären. Auch mit der Vereinsführung ist für die nahe Zukunft ein Gespräch vereinbart worden. Wir bitten alle Fans von Bayer 04, diesen Weg mit uns gemeinsam zu gehen. Beim Heimspiel gegen Nürnberg wird es dann eine richtig groß angelegte Protestaktion unsererseits geben, Infos hierzu folgen. Auch über den weiteren Fahrplan des Protestes werden wir euch natürlich zeitnah informieren.
Jetzt liegt es an uns, weiterhin öffentlich unseren Ärger über das Konzept zu äußern und unsere Ablehnung zu demonstrieren. Ein solches Papier darf nicht unterzeichnet und durchgesetzt werden. Informiert eure Freunde und Bekannte, macht Werbung für die Seite www.ich-fuehl-mich-sicher.de und vor allem tragt euch ein, um zu zeigen, dass wir Fans diesen aktuell herrschenden Sicherheitswahn nicht nachvollziehen können. Wenn auch du denkst, dass diese Panikmache kontraproduktiv ist, dann gib hier deine Stimme ab.
Gemeinsam gegen das Konzeptpapier. Gemeinsam für die Fankultur.