Die Auswirkungen nach der Einführung der “Tessera del Tifoso”, die zum Kauf von Tickets für die Spiele der italienischen Profiligen berechtigt, sind erschreckend. Jene Fankarte ist das Lieblingsspielzeug des italienischen Innenministers und sollte für mehr Sicherheit in italienischen Fußballstadien sorgen. Ziel war es “Rowdies” aus den Stadien zu entfernen und an deren Stelle fröhliche Familien zu sehen. Auf die Familien wartet man heute noch, die Besucherzahlen in den baufälligen Arenen des Stiefels sinken derweil weiter. Fanden Spiele früher oft vor ausverkauftem Haus mit teilweise bis zu 80.000 Zuschauern statt, verlieren sich heute nur noch ein Bruchteil derer in den Stadien. Die einst so prachtvollen Kurven sind ein Schatten ihrer selbst und auf den Tribünen herrscht gähnende Leere.
Nur einer von vielen, vielen interessanten Themenblöcken, die uns der Italien-Kenner Kai Tippmann am vergangenen Samstag im Stadioneck12 näher brachte. Der Betreiber des Blogs altravita.com ging aber noch weiter in die Tiefe und plauderte über die italienische Gesellschaft mit all ihren Macken und auch Vorzügen, über die dubiose Schaffensweise der Justiz und Exekutive und vieles mehr. Politik und Modebewusstsein in den italienischen Kurven war ebenso Thema, wie die klaren Strukturen und Hierarchien der dortigen Szenen. Die vielfältigen Fragen aus der Zuhörerschaft im proppevollen Stadioneck zeigten deutlich, dass das “Mutterland der Ultras” bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat.
Zuvor hatte Kai noch einige Passagen aus dem von ihm übersetzten Buch “Il Teppista – Der Rowdy” vorgetragen, die Lebensgeschichte eines Mitbegründers der “Viking”, bis heute bestehende Ultragruppierung der Nordkurve des San Siro-Stadions. Natürlich ließ er es sich ebenfalls nicht nehmen beim anschließenden Spiel gegen Schalke mit uns in der Kurve zu stehen und im Anschluss daran noch zum lockeren Plausch ins Stadioneck einzukehren. Daraus entstand übrigens dieser Blog-Eintrag am Folgetag, den wir wärmstens empfehlen.